Von Manuela N. – P.

 

Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

 

Bolla
Bolla

Endlich war es ruhig geworden am Heiligen Abend. Alle Menschen waren schon zu Bett gegangen, nur die Tiere hatten sie noch versammelt. Der älteste Kater Kasimir hatte zu einer Versammlung gerufen und mehr oder weniger freiwillig waren alle der Aufforderung nachgekommen. „Liebe Mitbewohner“ begann er seine alljährliche Rede und wurde auch schon prompt von Hildegard unterbrochen: „Hier sind fast nur Mitbewohnerinnen Kasimir!“
„Also gut: liebe Mitbewohner, liebe Mitbewohnerinnen. Besser?“Mit einem huldvollen Kopfnicken genehmigte Hildegard seine Ansprache.„Wie jedes Jahr sehe ich wieder Zuwachs hier und speziell an diesem Abend möchte ich alle Neuankömmlinge nochmals herzlich begrüßen. Hildegard und Manfred: ihr zwei seid nun ein Teil von unserem Rudel.“ 
„Was ist ein Rudel?“ fragte Manfred ganz leise in den Raum und Frau Günther antwortete mit ihrer tiefen rauen Stimme: „Ein Rudel ist eine Gemeinschaft, ein Verband, in dem wir alle leben.“ Alle Miezen spitzten ihre Ohren, selbst Diva Plüschi hörte auf, ihre Schönheit im Spiegel der Weihnachtskugeln zu bewundern und lauschte Frau Günthers Erklärung:
„Wir sind ein sehr komisches Rudel, aus allen Ländern der Welt, mit ganz vielen Vorgeschichten und fast jeder von uns hier hat ein tragisches Schicksal hinter sich. Aber nun sind wir hier zusammen und ich finde, wir haben es sehr gut getroffen. Ich vergesse ganz langsam die langen kalten Winter in Sibirien und freue mich, vor dem Ofen zu liegen. Grinchi – wie ist das bei dir?“Grinchi streckte sich genüßlich und begann leise zu erzählen: „Ich habe meine Geschichte schon fast vergessen, ich denke nur noch selten an den ständigen Hunger und dass die nette Frau dort in Russland uns immer getröstet hat, wenn wir nicht satt wurden.“ Plüschi und Püppelinchen schauten verwundert drein. „Hunger? Was ist das?“ fragte Plüschi mit ihrer melodischen Stimme. Püppelinchen schaute immer noch völlig fassungslos „Von Hunger hab ich noch nie gehört“ säuselte sie vor sich hin. 
„Hunger“ kam von ganz hinten im Raum Nitikas ruhige Stimme „Hunger, das ist schlimm. Hunger ist wie ein Wolf, den man nicht bezwingen kann. Ich hatte ständig Hunger und musste auch noch meine beiden Babys versorgen. Wir ihr wisst, hat es ja nur meine Tochter Bolla geschafft.“ Mit einem liebevollen Blick zu ihrer mittlerweile stattlichen Tochter wandte sie sich an Frau Günther: „Du weißt, was Hunger bedeutet, stimmt´s Frau Günther?“
Nach einem langen nachdenklichem Blick antwortete Frau Günther: „Ja, das war schlimm. Aber wisst ihr, was noch viel schlimmer war?“ Fragende Katzengesichter im ganzen Raum, aufgeregtes Gemurmel. „Nichts ist schlimmer als Hunger!“ kam es von Hildegard, und Manfred stimmte mit einem kräftigen Nicken zu.

Dieter
Dieter

Tiffy überlegte einen kurzen Augenblick, bevor sie antwortete: „Ich musste nicht viel hungern, aber viel schlimmer war, dass die Menschen, die mich in Spanien zurück gelassen hatten, einfach nicht mehr liebten. Sie haben mich zurück gelassen, wie einen alten Schrank – wie ein Ding, das man nicht mehr möchte. Das war viel schlimmer als Hunger. Ich hatte doch nichts getan!“ „So ist es“ erwiderte Frau Günther und alle hingen wie gebannt an ihren Lippen.
„Wir haben hier ein sehr schönes Zuhause gefunden und wir werden geliebt, das ist alles, was zählt.“Alle Miezen stimmten mit eifrigem Kopfnicken zu. Bolla nickte sogar so fest, dass man kurz meinte, sie wäre ein Wackeldackel. „Gut“ sagte Kasimir „dann beende ich die alljährliche Versammlung, geht nun in eure Kuschelbetten. Gute Nacht die Damen und der Herr!“ Alle Miezen bis auf Manfred und Grinchi verließen den Raum und suchten sich die kuscheligsten Plätze aus.
Als es ruhig wurde, fragte Manfred seine Freundin Grinchi: „Du Grinchi, sag mal – was ist denn eigentlich geliebt werden?“
Grinchi überlegte eine ganze Weile bevor sie antwortete: „Geliebt werden ist wie das Wasserbett von Herrchen und Frauchen – immer warm. Geliebt werden ist wie das leckere Hühnchen, das wir bekommen. Geliebt werden ist wie das Streicheln, wenn du bei ihnen auf dem Sofa liegst. Geliebt werden ist auch, dass sie dich loben, auch wenn du stinkst wie ein Iltis. Das ist geliebt werden.“
„Oh“ sagte Manfred „dann werde ich ja auch geliebt oder?“
„Ja Manni, auch du wirst geliebt. Und du stinkst noch schlimmer wie ein Iltis!“
Zufrieden schlief Manfred an diesem Abend in seinem Mupfel ein und dachte leise bei sich: „Geliebt werden ist eine tolle Sache!“

Von: Manuela N. P. (Vielen Dank für die Erlaubnis zur Veröffentlichung)

 

 

 

 

 

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